Fridays for future – Schüler spalten ein Land. In mutige Klimaaktivisten und faule Schulschwänzer, in politisch engagierte Jugend und heuchlerische Ignoranten. Und irgendwo unter den Diskussionen um Streikrecht, Bildung und hybride Kriegsführung geht etwas unter – und das keineswegs zufällig.

Also worum geht es?

Was wird sich hier nun an den Kopf geworfen? Die Argumentation auf Seiten der Demonstranten ist eine eindeutige: Klimapolitik steht nicht genug im Fokus, wird zu langsam, zu unwillig durchgeführt. Das verspielt die Zukunft der jungen Generation – und die wird es sich nicht gefallen lassen, wenn die „Amtierenden“ sich nicht um ihre Zukunft bemühen.

Dafür während der Schulzeit auf die Straße zu gehen ist es dann eben nicht nur wert, sondern notwendig: Um klarzumachen, wie dringend es den Schülern ist, um die mediale Aufmerksamkeit zu generieren, die als notwendig angesehen wird.

Aber..?

Die Gegenseite zeigt sich eben so, wie sie sich selbst zu sehen scheint: Elterliches Abwinken, man tätschelt den guten Willen, um danach Hausarrest zu verhängen. Politisches Interesse ist gewünscht, doch die Legitimität der Veranstaltung wird ihr abgesprochen – und das nicht aufgrund ihrer Thematik, sondern ihrer Akteure.

Kinder könnten die komplexen Zusammenhänge nicht erfassen, die Problematik der Vereinbarkeit mit der Wirtschaft nicht begreifen, würden ohnehin nur Schwänzen wollen, selbst heuchlerisch keinen Finger für die Umwelt rühren.

Keine Erörterung – eine Klarstellung

Der Wahrheitsgehalt dieser Argumente ist vielfach, so viel öfter, als es hätte notwendig sein müssen, erörtert worden. Darum soll und wird es hier nicht gehen. Denn was in der Kommentar-Schlacht untergeht, ist das Thema, um das es einmal gehen sollte: Klimapolitik.

Regel 1 des guten Tons im Diskutieren scheint vollkommen in Vergessenheit geraten zu sein: Zuerst das Argument. Wer auf den Verfasser eindrischt, hat Konstruktivität noch nicht verstanden. Bevor wir uns fragen, ob die Schüler das Thema vollständig begriffen haben, ob sie auch am Samstag auf die Straße gehen würden oder ob die Wii zuhause ausgesteckt ist, gilt es zu klären: Haben sie Recht mit dem, was sie fordern?

Was bleibt dahinter?

Inzwischen hat sich mit „Scientists for Future“ ein mehr als valider Schutzpatron gefunden, der hier eine ganz eindeutige Antwort gibt. Einen Großteil der Kritiker hat diese Frage jedoch nie mehr als nur ein „Klimaschutz ist ja wichtig“ am Ende des Statements interessiert. Man debattiert Streik oder doch zivilen Ungehorsam, Schulschwänzen und Überzeugung, und all das muss nicht, kann aber einen ganz simplen Grund haben. Denn was bleibt, ganz unabhängig von ihrem Verständnis, von der Persönlichkeit der Demonstranten?

Es bleibt eine Generation. Eine Generation, die Angst hat.

Keine Angst vor Nachsitzen, vor Verweisen, nicht vor kalten Stunden und langen Zugfahrten. Angst vor dem, was ihre Zukunft vermalmt.

Keine Legitimation, aber bittere Wahrheit

Angst hinter Demonstrationen ist nichts Neues und sicher kein Legitimationsgrund. Weder für Schüler mit Klima-Bannern, noch für Erwachsene mit Angst vor der Islamisierung. Doch die Angst und Sorgen sind schlussendlich, was beantwortet werden muss, wenn eine Debatte beendet werden soll.

Und bei Erwachsenen scheint man das auch verstanden zu haben, zumindest in Ansätzen: Wer hier Angst um den Untergang seiner Kultur hat, wird versuchsweise mit Statistiken zu Migrationszahlen in die Realität zurück geholt. Die Demonstranten persönlich anzugreifen, als frustrierte Rechtsgewandte, das wurde auch hier probiert, geholfen hat das jedoch ebenso wenig.

Doch der Angst der Schüler? Der wird mit Sicherheit nicht durch ein „Klimapolitik ist wichtig“ Abhilfe geschafft. Stattdessen wird lange darum herum geredet, was für zahlreiche Schüler der Startpunkt gewesen sein dürfte: Dass anscheinend niemand einen ernsthaften Plan hat.

Sehen, was man sehen will

Wo eine Angst so begründet ist, dass sie nicht beantwortet, nicht einmal beachtet wird – da ist gesellschaftliche Diskussion wahrhaft überfällig. Wo Schülern vorgeworfen wird, sie täten selbst nichts für die Umwelt, da zeigt sich wahre Hoffnungslosigkeit: Von denen, die selbst nicht wissen, was tun, aber zumindest sagen wollen: Hey, die da aber auch nicht!

„Wir haben Angst!“ ist schwächer als „Braunkohle jetzt!“ – aber wahr ist es dennoch. Natürlich hat die Jugend keine Patentlösung. Natürlich ist das Problem komplex, natürlich die Wirtschaft involviert. Aber das ist nicht ihre Aufgabe – was sie artikuliert, ist die Forderung nach einer radikal neuen Priorisierung.

„Wir haben Angst!“ – das ist schwächer, und hören will es niemand. Würde man es hören, würde man es sehen in der Bewegung – man müsste sich am Schluss mit der Tatsache auseinandersetzen, dass man es selbst sagen könnte.

Und solange Schüler nicht ernst genommen, solange Kinder persönlich kritisiert, solange in der Politik kein Plan als Antwort auf das „Was jetzt?!“ erkennbar ist – solange der Angst einer Generation nicht begegnet wird…

…solange werden Schüler am Freitag laut sein.
Wer sagt, lernt erstmal – der hat nicht zugehört. Hat nicht sehen wollen, was es zu sehen gilt.

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