Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut.

Ich bin sicher, die Dinosaurier dachten auch, dass sie noch Zeit hätten

Titanic wäre 2020 nicht passiert.

Diese und noch mehr Sprüche stehen auf den Plakaten der zahlreichen Schüler, die Freitag für Freitag vormittags vor Rathäusern, auf den Straßen und auf öffentlichen Plätzen für eine bessere Umweltpolitik demonstrieren – oder streiken, wie sie es formulieren. Denn Schüler haben zwar kein offizielles Streikrecht, und das unentschuldigte Fehlen wird als Schwänzen gewertet – aber die Begründung ist eindeutig: Die Schüler möchten ein Zeichen setzen, ein Zeichen dafür, dass unsere Gesellschaft nicht funktioniert, wenn niemand Verantwortung für die Umweltpolitik und die daraus resultierende Zukunft übernimmt. Es ist die Aufgabe der Politiker, dies zu tun. Und solange diese keine Anstalten unternehmen, ihre schön formulierten Klimaziele umzusetzen, erfüllen sie ihre Aufgabe nicht. Als Vorbildrolle ist es insofern nur gerechtfertigt, dass die Schüler diesem Beispiel nachkommen und ihrer Aufgabe, dem Schulbesuch, ebenfalls nicht nachkommen.

Auf die sogenannten „fridays for future“ gibt es unterschiedliche Reaktionen. Von führenden Politikern, zum Beispiel der Bundeskanzlerin, wird das Engagement gelobt. Aber ist Lob das, was die Schüler wollen? Nein, sagt Jesko Treiber, Organisator des fff-Streiks in Freiburg. Anstelle des Lobs solle Angela Merkel lieber daran arbeiten, dass die Schüler gar nicht mehr streiken müssen.

Konträr zum Lob steht die „offizielle“ Ansicht der Politik. Sobald bekannt war, dass Schüler planen, dem Vorbild Greta Thunbergs zu folgen und zu streiken, schrieben mehrere Schulen das Regierungspräsidium an, um zu wissen, wie mit dem unentschuldigten Fehlen umgegangen werden solle – klare Ansage: wie mit jedem anderen Schwänzen auch.

Doch ist die Kritik an fff berechtigt? Ein kurzer Argumente-Check.

  1. „Schüler haben kein Recht zu streiken.“ Stimmt, rechtlich gesehen, denn laut Urteil des Bundesarbeitsgerichtes sind nur von einer Gewerkschaft organisierte Streiks legal, und auch dann nur verhältnismäßig und als letztes Mittel. Ist ein regelmäßiger Streik an einem Wochentag verhältnismäßig und ein letztes Mittel? Angesichts der Dringlichkeit des sofortigen Handelns im Bezug auf den Klimawandel kann er sicherlich so eingestuft werden. Bleibt also lediglich der Punkt, dass Schüler keine Gewerkschaftsmitglieder sein können, da sie in keinerlei finanzieller Abhängigkeit zu den Politikern stehen, und somit der Streik nicht von einer Gewerkschaft ins Leben gerufen werden kann.
  2. „Klimawandel wird am besten durch Bildung bekämpft.“ Selbstverständlich ist Bildung die Grundlage für jegliche Übernahme von Verantwortung für die und in der Zukunft. Und die streikenden Schüler würden auch lieber in die Schule gehen, als sich um ihre Zukunft Sorgen zu machen – doch da sonst niemand etwas unternimmt, haben sie keine andere Wahl. Denn wenn sie erst anfangen, den Klimawandel zu bekämpfen, wenn sie mit der Schule fertig sind, ist es zu spät.
  3. „Die Demonstration könnte doch genauso gut am Nachmittag stattfinden.“ Erstens – nachmittags hieße auch nicht automatisch schulfrei. Zweitens – das Streiken des Schulbesuchs ist Mittel zum Zweck. Mit einer „normalen“ Demo außerhalb der Schulzeit würde längst nicht so viel Aufmerksamkeit auf die Bewegung gelenkt wie es so der Fall ist. Außerdem geht es genau darum, es den Politikern gleichzutun, die ihrer Aufgabe ebenfalls nicht nachgehen.
  4. „Am besten sind die Schüler, die dann nach ein, zwei Stunden Streik im nächsten McDonald’s verschwinden.“ Selbstverständlich muss den Schülern vermittelt werden, dass auch sie etwas verändern können durch einfache Änderungen ihres Lebensstils, auch ohne die Mithilfe von Politikern. Und gleichzeitig tun selbst die Schüler, die danach „im nächsten McDonald’s verschwinden“ immerhin durch die Demonstration etwas für eine Veränderung – anders als oftmals die Quelle dieses Arguments. Und eben dass nicht nur die „Hardcore“-Umweltbewussten an den Streiks teilnehmen, sondern auch die „Normalen“, zeigt, dass die Zukunft und der Umweltschutz alle betrifft und dass alle ein Interesse daran haben, dass endlich eine Lösung gefunden wird.

Wie dringend muss nun diese Lösung gefunden werden? Sehr dringend. Die Schüler haben erkannt, wie wichtig es ist, dass etwas getan wird, und auch wenn sie keine „Profis“ sind, so haben sich mittlerweile Parallelbewegungen gebildet, die definitiv zu den Profis zählen, zum Beispiel die „scientists for future“, ein Bündnis an Wissenschaftlern, die mit Fakten darüber aufklären, wie es aktuell um unsere Welt und deren Zukunft steht.

Denn die zunehmende Erderwärmung ist messbar. Und vom Menschen verursacht. Wir haben bereits einige Kipppunkte im Klima erreicht, doch wenn wir die 1,5°-Grenze nicht einhalten, werden es mehr. Und dann wird der Klimawandel auch spürbar das Leben der Menschen beeinträchtigen – vor allem das von uns, denn wir sind die Generation, die in Zukunft damit klarkommen muss.

Deshalb – fridays for future.

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