Es fängt schon morgens an. Mit einem Taschentuch bewaffnet krieche ich aus dem Bett und schaue hinter der sicheren Fensterscheibe aus dem Fenster. Kein Anzeichen auf baldige Besserung des Pollenzustands. Neben dem Blick aus dem Fenster jeden Morgen auch einer auf die Pollenmeldungen im ganzen Land – doch die Wettervorhersage verspricht auch nichts Besseres. Ich ziehe mich an und schleiche mich entlang des Flures. Noch ist alles frisch gewaschen und nichts hat dieses gelbe Zeug erobert, aber ich sehe es schon an den Bäumen in Kampfstellung.
Es ist schon zehn nach sieben, als ich das Haus verlasse, um so spät wie möglichst den ersten Kontakt am Tag mit dem Erzfeind des Frühlings zu erleben. Auf dem Weg zur Mensa beeile ich mich. Überall liegt eine Spur aus solch gelbem Staub. Aha, inzwischen haben sie sich zusammen geschlossen um noch mehr Schaden anzurichten. Das wird von Jahr zu Jahr schlimmer.
Mit wenigen Zwischenfällen erreiche ich sicher die Mensa und sammel mir das Frühstück zusammen. Aber auch hier stoße ich auf Schwierigkeiten. Stichwort laktoseintolerant macht mir zu schaffen. Ich verzichte auf Müsli oder sonstige Produkte, welche übertrieben viel Milch beinhalten. Schließlich überwinde ich mich und schnappe mir das am meisten nach Vollkorn aussehende Brötchen.
Später im Unterricht stehen die Fenster sperrangelweit offen und langsam schleicht sich etwas in die Nase von mir. Hatschi! Das Niesen fängt an, obwohl ich heute morgen das Medikament dazu genommen habe.
Beim Mittagessen schaue ich auf den Plan, sofern sich nicht gefühlt die halbe Schule vor diesem einen kleinen Täfelchen versammelt. Zum Nachtisch gibt es Joghurt, auf den muss ich sowieso verzichten. Genervt drehe ich mich weg und muss erst einmal niesen. Nun gut, nachdem ich wenig später die Mensa verlasse und endlich im Zimmer angekommen bin, sehe ich im Spiegel meine leicht geröteten Augen. Wieso exakt muss man wirklich auf etwas allergisch reagieren? Liebes Immunsystem, das ist normal, das ist kein Virus oder sonst etwas, wovor du mich beschützen musst, aber danke, dass du dich so sehr darum bemühst.
Um mir zumindest den Nachmittag ansatzweise zu versüßen, breche ich mir von meiner Zartbitterschokolade, mit möglichst hohem Kakaowert, ein kleines Stückchen ab, um es auf meiner Zunge zergehen zu lassen. Zu viel davon vertrage ich sowieso nicht, also lasse ich die Tafel gleich wieder in meiner Schublade verschwinden.
Der Abend sieht hoffnungslos aus, bis beim Abendessen der Wind anfängt, die Bäume zu neigen, und die Wolken zusammen schleichen. Kann es wirklich sein? Hat man meine Bitten erhört, so dass ich wieder frei atmen kann? Und ja, es ist genauso, wie ich es mir erhofft habe. Es fängt erstmal an zu nieseln. Ein Regen, der nicht unbedingt viel mehr bringt, als die Welt nass zu machen. Doch schon bald zuckt der erste Blitz in der Ferne auf und der Regen setzt an. Er wischt die langen gelben Streifen die Abwasserkanäle runter und dass einzige, was ich tun kann, ist, die Fenster weit aufzureißen und einen tiefen Atemzug zu machen. Nach Tagen kann ich endlich wieder frei atmen, ohne dass mir ständig die Nase läuft. Das einzige, was ich machen kann, ist, nach draußen zu rennen und wieder den Aufenthalt unter dem freiem Himmel zu genießen. Klitschnass watschel ich den Flur entlang und hoffe darauf, während ich ins Bett falle, dass morgen ein noch besserer Tag wird.
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