Die Klasse 10b war auf der Theaterfahrt am Badischen Staatstheater in Karlsruhe, um eine Aufführung von Sophokles‘ Drama Antigone anzuschauen. Wir gingen heraus mit vielen verschiedenen Meinungen…
Wie konnte ein derartig fantastisches Stück aus dem zerfledderten, gelben Heftchen in meiner Hand herausgehen? Wie konnte einer der trockensten, nur als Schullektüre zu verkraftenden Stoffe, die die Literatur zu bieten hat, so mitreißend, spannend und – lebendig aufgeführt werden?
Es bleibt ein Wunder, was das Badische Staatstheater in Karlsruhe unter der Leitung Anna Bergmanns vollbracht hat. Zwei Stunden ohne Pause, dafür aber vollgefüllt mit schauspielerischer Bestleistung, überzeugender Handlung und purer Faszination für das Theater.
Die Inszenierung war bis ins kleinste Detail durchdacht, die Farbe von Ismenes Handschuhen war ebenso von Bedeutung triefend wie die Puppe, die einsam auf der Treppe am Geländer lehnte.
Aus der ursprünglichen, sophoklischen Handlung wurde genau das extrahiert, was der Zuschauer von heute braucht, um die einzelnen Charaktere nachvollziehen zu können, um zu verstehen, was passiert und warum – um endlich das Drama nachempfinden zu können, in dem Antigone und ihre Familie und Angehörige stecken.
Antigones Konflikt wurde in die Gegenwart transferiert, unterstützt durch moderne Technik wie die drei Live-Video-Kameras, die von den Schauspielern selbst geführt wurden. Typisch antike Dramen-Elemente wurden modernisiert. So wurde der Chor durch eine Handlung hinter der eigentlichen Bühne ersetzt, die man durch den schwarzen, transparenten Vorhang erahnen konnte, und teilweise durch die zusätzliche Rolle der Eurydike übernommen. Außerdem begleitete ein Kinderchor die Aufführung, in Schuluniformen und an Szenen eines Horrorfilms erinnernd.
Anspielungen auf unter anderem die NS-Zeit und Trump verschafften dem Theaterstück eine gewisse Gegenwartsrelevanz. Wie viel darf der Staat vorschreiben, inwiefern muss er sich den Gesetzen der Familie und der Götter unterordnen?
Während der gesamten Aufführung ließ die Handlung einen nicht los, man verfolgte gebannt, wie Antigone sich selbst zum Tode verurteilte, wie nach und nach alle Beteiligten umkamen und wie das Schicksal seinen Lauf nahm.
Selbstverständlich war die Inszenierung nicht perfekt und mit der zunehmenden Entkleidung der Schauspieler fragte sich der ein oder andere, ob derartige Szenen die Handlung wirklich unterstützen. Kritisieren lässt sich auch der abgeänderte Schluss, der sich zudem ein wenig in die Länge zog.
Doch trotzdem kann Anna Bergmanns Inszenierung nicht anders beschrieben werden als als rundum gelungen und auf jeden Fall einen Besuch wert.
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