… und verließ dann das Haus. Doch wohin sollte er gehen, wenn er weiterhin vor dem omnipräsenten Weihnachtsgedudel fliehen wollte? Er überquerte den Hof zwischen den Internatshäusern und selbst hier, wenn er sich lediglich um 180 Grad drehte, fielen bereits mindestens zwei grün-glitzernd geschmückte Weihnachtsbäume in sein Blickfeld, die die Treppenabsätze zieren sollten. Verzweifelt legte er seinen Kopf in den Nacken, versuchte die weihnachtliche Fensterdeko der Mittelstufen-WGs so gut wie möglich zu ignorieren und starrte in den grauen, wolkenverhangenen Himmel. Diese übermotivierten Kinder investierten doch tatsächlich ihre Freizeit, um im Weihnachtswettbewerb mitziehen zu können! Immerhin die Oberstufe ließ sich dazu nicht freiwilligen…
Doch so schnell dieser verzweifelte Gefühlsanflug gekommen war, so schnell siegte doch wieder Tutanchamuns rationale Seite. Was erwartete er sich denn bitte beim Betrachten des Himmels? Hoffte er heimlich, dass Baby Jesus zu ihm hinabstieg und ihm eine Erleuchtung gab, wie er die Weihnachtszeit überstehen sollte, ohne sich konstant unter seiner Bettdecke einzurollen?
Tutanchamun blickte nach rechts, und das altbekannte orange-rote Leuchtschild kreuzte sein Blickfeld. Doch bei dem Gedanken an leicht gammelige Karotten, den künstlichen Geruch von Duftkerzen und noch mehr Weihnachtsdeko hatte Norma seinen Reiz für ihn verloren. Er beschleunigte seine Schritte und schlug den Weg über den Campus in Richtung Schulhaus ein. Immerhin würde er dort abgesehen von ein paar gruselig blickenden Keramik-Köpfen keine Dekoration vorfinden.
Auf dem Schulhof angekommen wurde er bereits von drei bunt gefiederten Biotopenten begrüßt, die munter in seine Richtung watschelten. „Mensch, haben die es gut“, dachte er sich. „Abtauchen, wann immer man will.“ Der köstliche Duft aus der Mensa wehte zu ihm herüber und Tutanchamun merkte plötzlich, dass er vor Hunger ganz benommen war, fast so, als hätte er Restalkohol intus. Doch trotz allem Weihnachtskitschhass spürte er einen inneren Widerstand, der ihn daran hinderte, einfach den Kopf des Schokonikolaus abzubeißen. Also betrat er die Mensa und sah…
Fortsetzung folgt – übermorgen.
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